Im Rahmen eines Testlaufs prüfen die Poolingexperten von IPP zusammen mit Mars die mehrwegfähige Display-Lösung Rudi und zeigen, welche Vorteile solche Konzepte bieten und welche Herausforderungen der Praxistest mit sich brachte.

Mit „RUDi“ kurz für „ReUsable Display“ hat IPP eine Mehrweg-Display-Lösung entwickelt, hinter der ein modulares, nachhaltiges und poolingfähiges Displaykonzept steckt. Aufbauend auf einer Viertelpalette können – je nach gewünschter Höhe des Displaysockels – ein oder mehrere Rudi-Elemente übereinander befestigt werden. Der Sockel, bestehend aus 100 Prozent Rezyklat, ist robust und kann bis zu 100 Kilogramm Ware tragen. Er wird mit Einschüben aus Kartonage verkleidet und ist somit individuell gestaltbar. Außerdem kann anstelle der Trays auf dem Rudi-Sockel auch ein herkömmlicher Displayaufbau befestigt werden. In Zusammenarbeit mit Mars und Edeka Kochmarkt hat IPP die Praxistauglichkeit des Mehrweg-Displays getestet. Welche Erkenntnisse der Testlauf brachte und welchen Herausforderungen die Akteure sich stellen mussten, berichten Juliane Pieper, Senior Customer Sustainability Lead DACH Mars und Bettina Velten, Product Manager IPP im Gespräch mit display.

display: Wie schätzen Sie die aktuelle Nachfrage nach Mehrweg-Displays im Handel ein, und welchen Einfluss haben Nachhaltigkeitsaspekte auf diese Nachfrage?

Bettina Velten: Vor etwa drei Jahren rückten Mehrweg-Displays auch in Deutschland in den Fokus, und seitdem beschäftigen sich Industrie und Handel mit diesen Konzepten. Der Ansatz ist dabei ganz unterschiedlich: Nachhaltigkeit spielt eine Rolle, aber auch Möglichkeiten der Kosteneinsparungen, sei es durch Materialeinsparungen, Erhöhung der Transportauslastung, durch Zeiteinsparungen beim Copacking oder durch Nachbestückung von bestehenden Displays. Mittlerweile ist das Thema weitgehend bekannt, es gab und gibt verschiedene Tests, die Rudi als klassisches Lieferantendisplay bewerten, als nachbestückbares Display im Handel sehen oder als eine Mischung aus beidem.

display: 2024 hat IPP gemeinsam mit Mars und Edeka Kochmarkt einen Testlauf gestartet. Wie genau sah der aus?

Bettina Velten: Hier wurde die Kombination aus klassischem Lieferantendisplay und nachbestückbarem Display am POS getestet. Dabei kamen drei verschiedene Marken und Displayvarianten zum Einsatz. Im ersten Schritt wurden die Mehrweg-Displays beim Copacker konfektioniert und komplett bestückt in die Märkte geliefert, analog zu einem Einwegdisplay. Im Anschluss wurde dieses Display direkt im Markt umdesigned und mit anderer Ware bestückt. Zudem wurde das Marketingmaterial ausgetauscht. Aus einem Twix und Balisto Display wurde ein Mars & Snickers Display und daraus ein M&Ms Display.

Bettina Velten, Product Manager IPP Foto: IPP

display: Welche Erkenntnisse lieferte der Praxistest?

Julian Pieper: Der Praxistest hat zunächst einmal gezeigt, dass wiederverwendbare Lösungen unser Displaygeschäft nachhaltiger gestalten können. Diese Ansätze haben das Potenzial, Verpackungsabfälle zu reduzieren und durch effizientere Transportprozesse Treibhausgasemissionen zu senken. Darüber hinaus haben wir wertvolle Erkenntnisse hinsichtlich der Stabilität der Displaysockel, des Handlings der Displays am POS sowie den Anforderungen an veränderte logistische Prozesse gewonnen.­ ­Zudem hat der Test unsere Überzeugung gestärkt, dass der Wandel hin zu einem nach­haltigeren Displaygeschäft einer industrie­weiten Herangehensweise bedarf und hat uns damit einen zusätzlichen Impuls für die Organisation eines Round Tables zu diesem Thema gegeben.

display: Wie wurde der Praxistest in den einzelnen Filialen gehandhabt und wie kamen die Mitarbeiter zurecht?

Juliane Pieper: Die Rückmeldungen aus den Märkten zeigen, dass das Umdekorieren und Konfektionieren der Displays technisch einfach und am POS gut umsetzbar ist. Gleichzeitig wurde deutlich, dass eine erfolgreiche Skalierung nur möglich ist, wenn zeitliche Einschränkungen im Tagesgeschäft berücksichtigt werden und der Handlingaufwand am POS minimal bleibt. Ein großer Vorteil der wiederverwendbaren Displaysockel, der durch den Praxistest bestärkt wurde, ist ihre hohe Stabilität: Sie halten auch stärkeren Beanspruchungen stand und können sowohl während einer laufenden Promotion als auch bei einer Folgepromotion problemlos nachbestückt werden.

display: Wie ist das Handling für den CO-Packer im Vergleich zu Einwegdisplays?

Bettina Velten: Das Handling ist ähnlich: anstelle des Displaysockels aus Kartonage werden die Rudi-Elemente aufgeklappt und mit der Displaypalette verbunden. Auch eine maschinelle Konfektionierung ist mit Rudi möglich.

display: Wie verlief die Logistik?

Juliane Pieper: Im Rahmen unseres Tests haben wir zwei unterschiedliche logistische Ansätze erprobt. Die erste Promotion wurde, wie gewohnt, zentral in unserem Lager vorkonfektioniert und als fertige Einheit an die Märkte geliefert. Für die zweite und dritte Promotion hingegen wurden die Displays am POS umdekoriert und nachbestückt. Hier unterscheidet sich der Fluss der physischen Ware von unserem aktuellen Prozess. In diesem Fall müssen die Komponenten als Standardware zum richtigen Zeitpunkt und in den richtigen Mengen für die Umbestückung im Markt vorhanden sein. Außerdem muss das Marketingmaterial nun separat vom Display zum POS gelangen, was in unserem aktuellen Prozess so nicht stattfindet. Diese neuen physischen logistischen Ströme stellen zusätzliche Anforderungen an die Kommunikationsflüsse zwischen uns als Hersteller und dem Handel. Ein gutes Beispiel dafür sind die Informationen zur Dekoration und Bestückung des Displays, die die Mitarbeitenden am POS erreichen müssen und in unserem Test als Packanleitung zusammen mit dem Marketingmaterial versandt wurden.

display: Können Sie erläutern wie ein erfolgreiches Management der Logistik und des Transports von Rudi-Displays im Vergleich zu Einweg-Displays aussieht?

Bettina Velten: Der Praxistest mit Mars hat deutlich gemacht, dass die Logistik- und Transportprozesse bei den Rudi-Displays nach der ersten Promotion deutlich effizienter und kostengünstiger werden als bei Einweg-Displays. Bei der ersten Promotion, bei der das Display komplett bestückt in die Märkte geliefert wurde, gab es noch keine wesentlichen Unterschiede zu den Einweg-Displays. Bei den folgenden zwei Promotions befand sich Rudi bereits am POS, es musste lediglich Standardware und Marketingmaterial geliefert werden. Da die Ware auf Standardpaletten geliefert wird und nicht in einem Display, führt das zu einer besseren Auslastung des Frachtraums und einer Optimierung der Transportressourcen.

display: Was waren die größten Herausforderungen beim Testlauf? Und wie konnten diese gelöst werden?

Juliane Pieper: Die größten Herausforderungen lagen tatsächlich in der Vorbereitung und der Organisation der gerade angesprochenen neuen logistischen Prozesse. Diese Prozesse erforderten eine enge Abstimmung zwischen uns als Hersteller und den Märkten, da sie in der Praxis so bislang nicht etabliert waren. Besonders mit Blick auf eine mögliche Skalierung, müssen diese Prozesse noch viel weiter durchdacht werden. Ich denke dabei vor allem an das Nachbestücken von Displays am POS mit verschiedenen Produkten, die derzeit auf unterschiedlichen Paletten angeliefert werden, sowie an einen effizienten Prozess für den Transport des Marketingmaterials und der Informationen zur Dekoration und Bestückung der Displays am POS. Hier können wir uns beispielsweise perspektivisch die Einbindung von QR-Codes oder das Nutzen vorhandener technischer Schnittstellen vorstellen, um digitale Packanleitungen zu kommunizieren.

Bei dem Testlauf wurde das Display von den Mitarbeitern nachbestückt und mehrmals umdesigned. Foto: Mars

display: Welche Rolle spielen die verschiedenen Akteure, Industrie und Handel bei der Einführung und dem Erfolg von Rudi?

Bettina Velten: Wie bei so vielen guten neuen Ideen, braucht es Zusammenarbeit, um diese auch Wirklichkeit werden zu lassen. In diesem Fall die Zusammenarbeit von Industrie, Handel und wie bisher auch: dem Poolingdienstleister, der die Displaypalette und auch Rudi zur Verfügung stellt. Es ist ein bisschen wie das Henne-Ei-Prinzip: Einer muss den ersten Schritt tun, um den Prozess anzustoßen. Aber der Erfolg kommt nur, wenn Industrie und Handel eng miteinander zusammenarbeiten. Dabei ist eine genaue End-to-End-Betrachtung unerlässlich, um alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen. Es erfordert zudem den Mut, etablierte Prozesse und Verantwortlichkeiten infrage zu stellen und gegebenenfalls zu ändern. Alle Beteiligten müssen aufeinander abgestimmt arbeiten, um langfristig die Einführung von Mehrweg-Displays zum Erfolg zu führen.

display: Frau Pieper, Sie erwähnten bereits, dass Mars ein Treffen von Industrie, Handel und Displayherstellern initiiert hat. Wie verlief der Round Table und zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?

Juliane Pieper, Senior Customer Sustainability Lead DACH Mars Foto: Mars

Juliane Pieper: Zunächst einmal freuen wir uns sehr über das große Interesse: Insgesamt 28 Vertreterinnen und Vertreter aus Industrie, Handel, von Displayherstellern und der GS1 haben am Round Table teilgenommen. Ein zentrales Ergebnis war, dass nachhaltigere und effizientere Displaylösungen nur durch eine industrieweite Herangehensweise und unter Einbindung aller relevanten Akteure erfolgreich skaliert werden können. Klar geworden ist außerdem, dass die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden muss – von der Produktion über die Logistik bis hin zum POS. Lösungen müssen modular, flexibel, zu einem gewissen Maße standardisiert und trotzdem weiterhin vom Konsumenten aus gedacht sein. Intensiv diskutiert wurde unter anderem, welche Elemente genau standardisiert werden müssen – etwa die Abmessungen der Displays selbst oder vielmehr die Maße der Trays beziehungsweise der Schütten, um Kompatibilität und Flexibilität zu gewährleisten. Ich bin überzeugt, dass Standards die robust genug sind, um Effizienz zu fördern, und gleichzeitig flexibel genug, um eine breite Anwendung zu ermöglichen, der Schlüssel für eine erfolgreiche Implementierung sein können – was bei vielen anderen Initiativen im Bereich der Kreislaufwirtschaft, insbesondere im Bereich Mehrweg, ebenfalls der Fall ist. Wenn die Transformation richtig gestaltet wird, birgt sie in meinen Augen enormes Potenzial – nicht nur zur Reduktion von Verpackungsabfällen, sondern auch zur Senkung von Emissionen durch effizientere Prozesse. Für diese Fortschritte ist eine große Offenheit seitens des Handels nötig, Praxistests durchzuführen, denn nur durch Tests in einem realen Szenario können wir das nötige Wissen aufbauen. Dafür sowie für die Teilnahme aller am Round Table möchte ich mich bedanken.

display: Welche kurzfristigen Maßnahmen sind notwendig, um von theoretischen Überlegungen zur konkreten Umsetzung von Mehrweg-Displays überzugehen?

Bettina Velten: Es ist entscheidend, den aktuellen Moment zu nutzen und jetzt in die Praxis überzugehen. Der erste Round Table von Mars war dabei ein sehr hilfreiches Instrument, um den Prozess anzustoßen. Je nach den spezifischen Anforderungen an Mehrweg-Displays müssen weitere Tests folgen, um tiefere Erkenntnisse zu gewinnen und sowohl die Herausforderungen als auch die Chancen besser zu verstehen. Gleichzeitig ist es wichtig, Befürworter und Botschafter zu gewinnen, die das Thema über Unternehmensgrenzen hinweg aktiv vorantreiben.

display: Wie beeinflussen neue gesetzliche Regelungen wie die PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation) und CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) die Entwicklung und den Einsatz von Mehrweg-Displays?

Bettina Velten: Die neuen gesetzlichen Regelungen wie PPWR und CSRD fördern den Wandel hin zu nachhaltigeren Lösungen, auch für Mehrweg-Displays. Zwar gibt es noch keine klaren Vorgaben für Displays, doch der Trend geht weg vom Einmal-Nutzen und Wegwerf-Denken und hin zu Mehrweg-Lösungen. Nachhaltigkeitsregulationen setzen Anreize und unterstützen die Entwicklung solcher Alternativen. Besonders die CSR-Reportingpflichten der CSRD können als Katalysator wirken, da sie Unternehmen durch externe Sichtbarkeit zu mehr Nachhaltigkeit anregen.

display: Wie sehen Sie die Zukunft des Displaygeschäfts, wenn sich Modelle wie Rudi erfolgreich etablieren können? Welche Innovationsmöglichkeiten sehen Sie?

Bettina Velten: Die Zukunft des Displaygeschäfts könnte durch Modelle wie Rudi flexibler gestaltet werden. Mehrweg-Displays könnten langfristig im Handel verbleiben und für mehrere Promotions und sogar von mehreren Markenherstellern genutzt werden. Damit würden beispielsweise Material, Frachtraum und Transporte von komplett bestückten Displays eingespart werden. Ein großer Vorteil des Pooling-Modells ist, dass Displays nach Bedarf zur Verfügung stehen – etwa zu Spitzenzeiten wie Ostern, einer Fußball EM oder Weihnachten. Nach den Promotions können sie einfach zurückgegeben werden, was Lagerplatz und damit Lagerkosten spart und kein Kapital bindet. Die Nachbestückung oder Umdekoration ist einfach, wenn Rudi, wie beim Praxistest mit Mars, mit Trays nachbestückt wird und nur die Einschübe getauscht werden. Für den Erfolg dieses Modells ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handel nötig. Es verschieben sich sicher manche Zuständigkeiten, neue oder andere Tätigkeiten am POS kommen hinzu. Es ist ein interessantes Modell, das sowohl finanzielle als auch logistische Vorteile mit sich bringen kann und gleichzeitig das Displaygeschäft nachhaltiger macht.

display: Vielen Dank für das Gespräch.