Das originäre Geschäftsmodell des Handels ist das Verkaufen von Ware. Mit dem Aufkommen des E-Commerce entwickelten sich Online-Stores – namentlich Amazon – in den 2010er-Jahren hin zu einem Mediennetzwerk. Das Ziel: Nicht nur Ware verkaufen, sondern Werbeplattform für werbetreibende Unternehmen sein. Ein Konzept, das mittlerweile auch im stationären Handel Anwendung findet.

Digitalisierung verändert vieles, auch die Werbelandschaft. Retailer begreifen sich zunehmend auch als Plattform für Werbung und bauen Retail-Media-Netzwerke aus. Warum das ein erfolgversprechender Ansatz ist und welche Hausaufgaben die Händler noch zu lösen haben, darüber sprach display mit ver­schiedenen Experten und Lösungsanbietern aus dem Bereich Retail Media.

Als erstes mit Patricia Grundmann, Vice President Media & Retail Media Obi, Geschäfts­führerin Obi First Media Group, Vorsitzende des Retail Media Circles im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und Vice-Chair IAB Europe für Retail Media, für einen ersten übergeordneten Einstieg in das Thema Retail Media. Als zweites mit Michael Brune, Vertriebsleiter Dekora-Design, um die hardwareseitigen Herausforderungen sowie größere Rollouts zu beleuchten. Weiterhin mit Frederik Horst, Marketing Director Digooh Media und Inovisco. Die beiden Unternehmen sind insofern interessant, da sie unterschiedliche Rollen im Retail-Media-Kosmos einnehmen: Digooh zum einen als Partner für die Hardware-Seite und Inovisco als Vermarkter, der diese via Demand-Side-Plattformen zur Verfügung stellt. Zudem noch mit Joachim Ostendorf von VKF Renzel. Das Traditionsunternehmen setzt seit Jahrzehnten Maßstäbe in der Verkaufsförderung am POS und hat frühzeitig digitale Kommunikationsmittel, wie Electronic Shelf Labels (ESL) sowie Digital Signage ins Produktportfolio integriert und tut sich vor allem als Partner für kleine und mittelständische Retailer hervor.

BVDW: Retail ­Media strukturieren

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) bezeichnet sich selbst als Digitalexperten unter den Verbänden und bündelt die Kräfte der digitalen Wirtschaft. Strukturiert in Fachkreise, unter anderem ein Retail Media Circle (RMC) werden wichtige Themen, wie das Entwickeln und Fördern tragfähiger Standards vorangetrieben, um die Mediengattung Retail Media auf ein neues Level zu heben.

Retail Media, Patricia
Patricia Grundmann, Vorsitzende des Retail Media Circles im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), Vice-Chair IAB Europe für Retail Media, Vice President Media & Retail Media Obi und Geschäftsführerin Obi First Media Group. Foto: Obi

display: Retail Media ist zurzeit ein heiß diskutiertes Thema. Viele scheinen jedoch unterschiedliche Auffassungen darüber zu haben, was genau Retail Media ist. Können Sie uns eine prägnante Definition liefern?

Patricia Grundmann: Retail Media stellt eine innovative und dynamische Mediagattung dar, deren Relevanz stetig wächst. Laut der Definition, die wir im BVDW entwickelt haben, ist Retail Media die einzigartige Möglichkeit, Marken und Produkte dort zu präsentieren, wo ihre Relevanz, Wahrnehmbarkeit und Akzeptanz hoch, ihr Weg zum Kunden sehr kurz und ihr Kontext am natürlichsten sind. Als Mediengattung ermöglicht Retail Media auf Basis einer datengetriebenen Historie eine Funnel-übergreifende Messbarkeit der Werbewirkung, und dies direkt im digitalen und physischen Ökosystem des Retailers – On- und Offsite.

display: Können Sie das näher erläutern? Wie funktioniert Retail Media in der Praxis beziehungsweise welche Medien kommen zu Einsatz?

Patricia Grundmann: Die praktische Umsetzung von Retail Media umfasst eine Vielzahl von Touchpoints, die sowohl digitale als auch stationäre Kanäle einbeziehen. Händler haben die Möglichkeit, ihre eigenen Onlineshops, mobilen Anwendungen und Loyalty-Programme zu nutzen, um gezielt Werbung auszuspielen. Gleichzeitig spielt die physische Verkaufsfläche unserer Märkte eine zentrale Rolle – weiterhin das Herzstück unserer Marke. Nehmen wir Obi als Beispiel: Das Unternehmen setzt eine breite Palette von Retail-Media-Touchpoints ein, um Kunden in verschiedenen Phasen ihrer Kaufentscheidung anzusprechen. Dazu gehören gut sichtbare Plakatflächen auf den Parkplatzbereichen, die die Aufmerksamkeit der Kunden beim Besuch des Marktes erregen. Zusätzlich nutzt OBI digitale Video Walls an den Eingängen und Ausgängen, die Bewegtbildinhalte präsentieren und sowohl endemischen als auch nicht-endemischen Marken die Möglichkeit bieten, ihre Produkte zu bewerben. Ein weiterer entscheidender Touchpoint ist das Instore-Radio, das gezielte Audio-Werbung im Verkaufsraum ausstrahlt. Darüber hinaus werden Screens in den Produktkategorien verwendet, um beispielsweise besondere Angebote visuell hervorzuheben und Kompetenzflächen für Promotionaktionen zu bieten. Ebenso Online via Platzierungen auf Produktseiten oder Social Media. Diese vielfältigen Touchpoints tragen entscheidend zur Effektivität von Marketingmaßnahmen und zur Verbesserung der Kundenerfahrung in den OBI-Märkten bei.

display: Und welche Bedeutung hat Retail Media bei den Spendings?

Patricia Grundmann: Die Relevanz von Retail Media nimmt stetig zu und Retail Media wird einen zentralen Platz im Marketingmix von Marken und Händlern einnehmen. Prognosen deuten darauf hin, dass bereits im kommenden Jahr jeder vierte Euro der Mediaspendings in Retail Media investiert wird. Dies bekräftigt nicht nur die Bedeutung dieser Mediagattung, sondern zeigt auch, dass Marken zunehmend die Vorteile der präzisen Zielgruppenansprache im Ökosystem Handel erkennen.

display: Amazon ist der größte Player im Bereich Retail Media, aber nur online unterwegs. Da stellt sich doch die Frage, ob die stationäre Fläche überhaupt eine Rolle spielt.

Patricia Grundmann: Obwohl Amazon den Großteil der Media Spendings im Retail Media für sich beansprucht, bleibt die stationäre Fläche von entscheidender Bedeutung. Der stationäre Handel hat in vielen Märkten nach wie vor einen erheblichen Einfluss und stellt 80 bis 90 Prozent der Kundenfrequenz dar. Diese Frequenz bietet eine einzigartige Gelegenheit, die Aufmerksamkeit potenzieller Käufer direkt am POS zu gewinnen, also einer Umgebung, in der es ums Kaufen geht. Retail-Media-Technologien im stationären Bereich eröffnen neue Möglichkeiten. Händler können durch digitale Touchpoints und interaktive Werbeformate spezifische Zielgruppen ansprechen und relevante Produkte gezielt hervorheben. Die Symbiose von Online- und Offline-Ansprachen gestaltet das Einkaufserlebnis interaktiver und steigert die Effizienz von Marketingmaßnahmen. Damit ist die Integration von Retail Media in das stationäre Geschäft nicht nur eine Reaktion auf die Dominanz von Online-Anbietern wie Amazon, sondern auch eine proaktive Strategie, um die speziellen Vorteile des stationären Handels zu nutzen und eine konsistente Kundenansprache über alle Kanäle hinweg zu gewährleisten.

display: Wie unterscheidet sich Retail Media von den traditionellen Werbekostenzuschüssen?

Patricia Grundmann: Retail Media bietet einen gänzlich anderen Ansatz als Werbekostenzuschüsse, denn es handelt sich um eine eigenständige Mediagattung, die den direkten Zugang zu Zielgruppen über diverse Touchpoints im digitalen und stationären Handel ermöglicht. Werbekostenzuschüsse fungieren als finanzielle Unterstützung für die Werbung von Händlern, während sich Retail Media speziell an Werbetreibende richtet, die ihre Werbung direkt über die Kanäle des Händlers schalten möchten. In der praktischen Umsetzung sind Retail-Media-Kampagnen darauf ausgelegt, die Bedürfnisse und Interessen einzelner Marken gezielt zu adressieren und diese in einen größeren Kontext zu stellen, seien es nun endemische Marken, also Marken die im Store mit ihren Produkten vertreten sind, oder nicht endemische Marken. Diese datengetriebenen Ansätze übertreffen die Möglichkeiten traditioneller Zuschüsse und ermöglichen eine präzise Erfolgsmessung und -optimierung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Retail Media eine proaktive und gezielte Rolle übernimmt, während Werbekostenzuschüsse oft reaktiver und weniger spezifisch sind.

display: Aktuell bauen viele Akteure ihre eigenen Retail-Media-Netzwerke auf. Welche Herausforderungen sind damit verbunden?

Patricia Grundmann: In der Tat stehen die Akteure vor mehreren Herausforderungen. Eine zentrale Schwierigkeit besteht darin, einheitliche Standards zu schaffen und zu implementieren. Aufgrund der Vielzahl an Retail-Media-Netzwerken und der unterschiedlichen Methoden zur Erfolgsmessung fällt es Werbetreibenden oft schwer, Kampagnen über verschiedene Kanäle hinweg zu vergleichen und zu optimieren. Zudem müssen Händler in der Lage sein, Daten aus stationären und digitalen Quellen effektiv zu integrieren, um eine konsistente Kundenansprache zu gewährleisten. Datenschutz ist hierbei von großer Bedeutung, da der Umgang mit sensiblen Kundendaten den gesetzlichen Vorgaben entsprechen muss. Schließlich kann die Etablierung einer leistungsfähigen Ad-Tech-Infrastruktur für Händler eine erhebliche finanzielle Herausforderung darstellen. Um diese komplexen Rahmenbedingungen zu bewältigen, ist eine enge Zusammenarbeit aller Akteure im Retail-Media-Ökosystem erforderlich. Eine weitere Herausforderung besteht im Vergleich zwischen den Geschäftsmodellen von stationären Händlern und reinen Online-Playern. Während Online-Plattformen wie Amazon seit vielen Jahren etablierte, digital fokussierte Geschäftsmodelle besitzen, müssen stationäre Händler oft auf lange Traditionen und Infrastrukturen zurückgreifen, die über Jahrzehnte gewachsen sind. Diese Legacy kann eine Hürde darstellen, da effektive Retail-Media-Strategien zusätzliche Zeit und Ressourcen benötigen. Allerdings ist die immense Kundenfrequenz, die der stationäre Handel, insbesondere in Deutschland, bietet, ein großes Potenzial. Die Herausforderung liegt darin, diese Frequenz durch digitale Lösungen und innovative Ansätze sowohl online als auch offline zu nutzen. So können stationäre Händler ihre einzigartigen Stärken im Wettbewerb mit Online-Plattformen erfolgreich positionieren.

display: Vielen Dank für das Gespräch!

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Edeka Minden-Hannover, die größte Regionalgesellschaft im Edeka-Verbund, stattet rund 1.500 Märkte mit großformatigen digitalen Werbedisplays aus. Insbesondere mit einem Digital City Light Poster (DCLP) im Eingangsbereich der Märkte. Diese Screens ermöglichen eine effiziente Angebotskommunikation und erlauben den Einzelhändlern, lokal angepasste Werbung zu schalten. Foto: Edeka Minden-Hannover

Dekora Design: Hardware und Rollout meistern

Retail Media bedeutet reichlich Hardware in den stationären Stores zu implementieren. Für einen solchen Rollout braucht es leistungsfähige Partner, die die notwendigen Systeme vor Ort installieren und in Betrieb nehmen.

Retail Media decor design
Michael Brune, Vertriebsleiter Dekora-Design. Foto: Dekora-Design

display: Seit wann arbeitet Dekora Design mit Instore Media beziehungsweise Retail Media?

Michael Brune: Unser erstes großes Digital-Signage-Projekt waren vor über 15 Jahren mit rund eintausend Stelen in den Filialen der Postbank. Seitdem haben wir zahlreiche kleinere und viele große Rollouts durchgeführt. Heißt, über Hardware-Beschaffung, Einhausung der Screens nach individuellen Anforderungen unserer Kunden bis hin zur Installation vor Ort und Inbetriebnahme alles geleistet.

display: Was sind die kritischen Punkte für einen gelungenen Rollout?

Michael Brune: Das A und O ist eine gute Planung vorweg! Bei einem Filialisten beispielsweise im LEH-Bereich geht es schnell um eintausend Standorte und mehrere tausend zu installierende Systeme. Da müssen viele Abteilungen miteinander arbeiten, kundenseitig beginnend mit dem Vertrieb, gegebenenfalls dem Vorstand, Einkauf für die Ausschreibung, Bauabteilung, Einkauf für die Ausschreibung, IT, IT-Sicherheit, Laden-Layouter, Elektriker und, und, und. Am Ende muss die notwendige Infrastruktur mit Strom und Datenkabel an der Stelle verfügbar sein, an der ein System installiert werden soll. Anschließend geht es natürlich auch noch um Servicefragen, Reparatur, Austausch und so weiter.

display: Welche Hardware empfehlen Sie?

Michael Brune: Das ist unterschiedlich und kommt immer auf den Einzelfall beziehungsweise das Projekt an. Wichtige Faktoren sind hierfür Budget, Skalierbarkeit, Sicherheit, Performance und Flexibilität. Eine aktuelle Grundfrage lautet zum Beispiel, braucht es einen extra Mediaplayer/PC zum Ausspielen oder reicht das oftmals vorhandene System on Chip (SOC) des Screens aus. Wer auf Dauer Performance und auch auf Jahre hinaus Sicherheit haben möchte, sollte auf einen extra Mediaplayer/PC zurückgreifen, da SOC im Laufe der Jahre in Sachen Performance und Sicherheitspatches der Lieferanten nicht mehr aktuell sein kann. Das ist individuell mit dem Hardwarehersteller im Vorfeld eines Projektes abzuklären.

display: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Plakat auf dem Parkplatz, die Display Ad auf der Website, der Screen im Eingangsbereich, die Loyalty App und vieles mehr, sind die Touch Points, die Retailer vernetzen und für werbungtreibende Unternehmen zur Verfügung stellen. Foto: Adobe Stock, Petair, Andrey Popov, Souhail, Design_Stock

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Digooh/Inovisco: Retail Media Netzwerk und Hardware Hand in Hand

Die 2019 gegründete Digooh Media GmbH mit Sitz in Köln ist ein deutschlandweit agierender Anbieter digitaler City-Light-Poster (DCLP) und ein zentraler Partner für Handelsunternehmen, die die lukrativen Möglichkeiten von Retail Media nutzen möchten. Die Inovisco Mobile Media GmbH ist Deutschlands führender Full-Service-Anbieter für Ambient Media und Digital Out-of-Home (DOOH)-Werbung. Seit 2004 realisiert der Spezialist für mobile und digitale Außenwerbung aufmerksamkeitsstarke Kampagnen für werbungtreibende Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen in der DACH-Region. Beide Unternehmen sind partnerschaftlich miteinander verbunden und ergänzen sich gegenseitig.

Frederik Horst, Geschäftsleitung ­Marketing Digooh Media und Inovisco Mobile Media Foto: Inovisco

display: Was versteht man genau unter Retail Media im stationären Handel, und wie wichtig ist dieser Bereich wirtschaftlich?

Frederik Horst: Retail Media bezeichnet die Vermarktung von Werbeflächen durch Händler sowohl direkt am stationären POS, etwa über digitale Bildschirme und Displays im Geschäft, als auch über digitale Kanäle wie Online-Shops oder Händler-Apps. Es handelt sich um ein datengetriebenes Werbeangebot, bei dem Händler ihre eigenen Kanäle wie In-Store-Bildschirme oder ihre Webseiten nutzen, um Markenwerbung auszuspielen und Konsumenten dort zu erreichen, wo die Kaufentscheidung fällt. Wirtschaftlich gesehen ist Retail Media hochrelevant und eines der am schnellsten wachsenden Werbesegmente.

display: Welche Chancen bietet der Einsatz von Retail Media für den Handel selbst, insbesondere am POS?

Frederik Horst: Für Handelsunternehmen eröffnet Retail Media neue Umsatzquellen und Wettbewerbsvorteile. Händler können durch den Verkauf von Werbeflächen in ihren Filialen oder digitalen Kanälen zusätzliche, hochmargige Ertragspotenziale erschließen. Viele Händler lassen hier bislang Potenzial ungenutzt – traditionell dominierte etwa der gedruckte Handzettel die Herstellerwerbung im Laden. Moderne Retail-Media-Angebote ermöglichen es nun, Kundenpräferenzen besser zu nutzen und flexible Werbemöglichkeiten zu bieten, zum Beispiel tagesaktuelle Angebote oder lokale Promotions. Zudem stärkt Retail Media die Partnerschaft zwischen Händler und Marke, da digitale Displays das Einkaufserlebnis aufwerten und gleichzeitig Werbeeinnahmen für den Händler generieren. Händler wie Edeka berichten, dass sie mit digitalen Retail-Media-Bildschirmen ihre Angebote effizienter bewerben und die Digitalisierung der Kundenansprache vorantreiben können.

display: Und welche Vorteile bietet Retail Media am POS für Markenartikler? 

Frederik Horst: Markenhersteller können durch Retail Media genau dann Kunden ansprechen, wenn Kaufentscheidungen getroffen werden. Die digitale Werbung am POS fungiert als „letzter Anstoß” vor dem Kaufentschluss und erhöht die Sichtbarkeit der Marke zum richtigen Zeitpunkt. Studien haben gezeigt, dass digitale Displays am Eingang eines Ladens eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit erzielen als klassische Plakate, und Marken werden sechsmal besser erinnert. Ein großer Vorteil für Marken ist die zielgerichtete Zielgruppenansprache durch First-Party-Daten der Händler. Diese Daten ermöglichen es, Werbung im Laden genau auf das Verhalten der Konsumenten abzustimmen, zum Beispiel durch personalisierte Angebote basierend auf der Kundengruppe oder Tageszeit. Wichtig hierbei ist natürlich, dass sämtliche Maßnahmen stets im Einklang mit geltenden Datenschutzvorschriften wie der DSGVO stehen. Die Messbarkeit der Kampagnen ist ebenfalls ein außerordentlich entscheidender Vorteil: Während klassische Außenwerbung keine präzisen Daten liefert, können Retail-Media-Kampagnen direkt mit Verkaufsdaten verknüpft werden. Marken können so den Umsatzschub durch eine POS-Kampagne genau nachvollziehen und ihre Kampagnen optimieren.

display: Trotz dieser Vorteile gibt es sicherlich auch Herausforderungen. Mit welchen sieht sich Retail Media konfrontiert?

Frederik Horst: Die größte Herausforderung im Retail-Media-Bereich ist derzeit die übergreifende Standardisierung. Jeder Händler entwickelt sein eigenes Media-Angebot mit individuellen Formaten, Metriken und Buchungstools, was die Planung, Durchführung und Messung von Kampagnen für Marken erheblich erschwert. Werbungtreibende bemängeln oft die Inkonsistenz bei Messmethoden und Kennzahlen, und ein einheitlicher Branchenstandard fehlt noch. Werbeverbände fordern deshalb klare Standards für Messungen, Formate und Preismodelle sowie mehr Transparenz seitens der Anbieter. Auch die Fragmentierung des Marktes stellt eine Herausforderung dar: Vereinheitlichte Buchungssysteme und kompatible Schnittstellen sind erforderlich, um Retail Media effizienter zu gestalten.Zudem spielen technologische Herausforderungen eine Rolle. Zukunftssichere Technologien für Retail Media sind solche, die Automatisierung, Datenintegration und Flexibilität ermöglichen. Programmatic Advertising hält längst schon im Digitial out of Home- (DOOH) und Retail-Media-Bereich Einzug, sodass Werbeflächen am POS in Echtzeit und datenbasiert gebucht werden können. Bei Inovisco sind beispielsweise bereits über 15 Demand-Side-Plattformen (DSP) an das digitale Inventar gekoppelt, um Kampagnen schnell anpassen und auf verschiedene Zielgruppen sowie Marktbedingungen abstimmen zu können. Die Automatisierung reduziert manuelle Prozesse und macht es einfacher, Werbemaßnahmen effizient zu skalieren und flexibel zu steuern.

Ebenfalls gefragt sind Insellösungen für kleine Retailer. Hier eine Apotheke mit einem Screen zur Angebotskommunikation im Schaufenster. Foto: display Verlag

display: Was können wir also in Zukunft von Digooh und Inovisco erwarten?

Frederik Horst: In den kommenden Jahren wollen wir unser Netzwerk kontinuierlich weiter ausbauen und noch in diesem Jahr weitere 1.000 großformatige Screens (DCLP) in den Eingangsbereichen des Premium-LEH bereitstellen. Wir arbeiten außerdem an innovativen Formaten, die es ermöglichen, erstklassige Erlebnisse im Laden zu schaffen und die Kundenansprache noch einfacher und individueller zu gestalten. Außerdem sind wir auf einem guten Weg, den Bereich programmatische Werbung weiter zu stärken, sodass Händler und Marken ihre Kampagnen noch effizienter steuern können. Die Zukunft von Retail Media wird definitiv in personalisierter Werbung, mehr interaktiven Erlebnissen und in der Verknüpfung von Offline- und Online-Welt liegen.

display: Vielen Dank für das Gespräch.

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Elektronikfachmärkte sind ein Natural Fit für Angebotskommunikation via Retail Media beziehungsweise Instore Media. Foto: display Verlag

VKF Renzel: Partner für kleine und mittlere Lösungen

Das Unternehmen ist ein führender Anbieter für Produkte rund um Verkaufsförderung und Warenpräsentation am POS. Mit einem umfangreichen Sortiment an Hard- und Software für gelungene Instore-Media-Lösungen ist VKF Renzel Partner für den Handel.

Joachim Ostendorf

display: Welche Art von Instore-Media bietet VKF Renzel an?

Joachim Ostendorf: VKF Renzel bietet ein umfassendes Portfolio im Bereich Instore-Media, das sowohl diverse Hard- als auch Software-Lösungen umfasst. Unsere Produkte sind für verschiedene Anwendungen konzipiert und stehen in Indoor- und Outdoor-Varianten zur Verfügung, einschließlich Schaufensterlösungen mit hoher Helligkeit. Wir bieten Stand-Alone-Displays und Wandmontagen in ein- und zweiseitiger Ausführung an, sowohl mit LED- als auch LCD-Technologie. Unsere Formate reichen von 22 bis 98 Zoll, wobei wir bei LED-Displays auch größere Varianten ermöglichen. Darüber hinaus realisieren wir individuelle Sonder- und Stretchformate, um spezifische Kundenbedürfnisse optimal zu erfüllen.

display: Welchen Bedarf formulieren ihre Kunden in der Regel?

Joachim Ostendorf: Diese sind in der Regel sehr individuell, wobei der wichtigste Punkt stets der Einsatzort und der spezifische Anwendungszweck ist. Basierend darauf können wir maßgeschneiderte Empfehlungen aussprechen, die optimal auf die jeweiligen Gegebenheiten abgestimmt sind. Häufig wünschen sich die Kunden einen einfachen Einstieg in unsere Lösungen, insbesondere wenn sie ein Netzwerk mit einem oder mehreren Standorten planen. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Zukunftsfähigkeit der Lösungen. Dies bedeutet, dass unsere Produkte so konzipiert sind, dass sie sich an veränderte Marktbedingungen und Technologien anpassen lassen, um langfristig attraktiv zu bleiben.

display: Welche Herausforderungen stellen sich Ihren Kunden?

Joachim Ostendorf: Die Herausforderungen, mit denen sich unsere Kunden konfrontiert sehen, sind vielfältig. Eine häufige Problematik betrifft die Aufhängung und Anbringung der Hardware, für die wir verschiedene Lösungen anbieten, um eine einfache und sichere Installation zu gewährleisten. Zudem stellen der Aufbau eines Netzwerks und die Steuerung der Inhalte oft große Anforderungen an unsere Kunden. Die effektive Verwaltung und Aktualisierung der Informationen ist entscheidend für deren Erfolg. Oftmals erfolgt das Erstellen der Inhalte über eine Agentur des Kunden, was zusätzliche Koordination erfordert. Wir unterstützen unsere Kunden, indem wir ihnen maßgeschneiderte Lösungen und Beratung anbieten, um diese Herausforderungen effizient zu meistern.

Goldgräberstimmung im Handel

Seit knapp zwei Jahren wird Retail Media immer omnipräsenter. Die Hardware ist mittlerweile erschwinglich und Bedenken sowie Blockaden bei den Entscheidern im Handel sind abgebaut. Der Handel hat erkannt, mehr als „nur“ ein Verkäufer zu sein und verspricht sich Erlöspotenziale als Plattform für die Werbebotschaften der Marken. Hierfür hat er gute Argumente auf seiner Seite. Leicht ist das allerdings nicht, denn es bedarf weitaus mehr, als das „Front End“ in Form von Screens, Website, App und Co zu realisieren. Es geht um Vernetzung und akkurates Datenmanagement, natürlich alles sicher und DSGVO-konform. Das ist Grundlagenarbeit, die in teils Jahrzehnte bestehende und gut abgestimmte Geschäftsprozesse eingreift. Mein Eindruck: Da ist noch nicht alles so, wie es sein müsste, um ein reibungslos funktionierendes Retail-Media-Angebot zu schaffen. Zweitens kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass Retail Media bei manchem Retailer ein Ansatz ist, um das geübte System der Werbekostenzuschüsse in eine neue digitale Welt zu übertragen. Das ist nicht ehrenrührig, ist aber sicherlich zu kurz gedacht.

Simon Dietzen, Geschäftsführender Chefredakteur display Verlag