Self-Checkout-Kassen, auch bekannt als SB-Kassen, erfreuen sich im deutschen Einzelhandel zunehmender Beliebtheit und haben sich mittlerweile als fester Bestandteil vieler Supermärkte etabliert. Fast alle Retailer investieren in diese Technologien, um den Komfort für die Kunden zu erhöhen und gleichzeitig betriebliche Effizienzen zu steigern.

Die Verbreitung von SB-Kassen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Laut dem Handelsforschungsinstitut EHI waren im November 2023 bereits über 5.000 Geschäfte in Deutschland mit SB-Kassen ausgestattet – ein Anstieg von 117 Prozent seit 2021. Der Vollsortimenter Rewe gab im Sommer 2024 bekannt, die Anzahl seiner SB-Kassen bis Ende 2024 signifikant zu erhöhen, sodass bis zu 1.800 Märkte mit diesen Systemen ausgestattet sein werden. Und der mitgelieferte Ausblick deutet darauf hin, dass dieses Einführungstempo in diesem Jahr weiter anhält. Experten schätzen, dass in den kommenden Jahren eine Marktdurchdringung von etwa 30 Prozent erreicht werden könnte.

Die Hauptgründe für die zunehmende Verbreitung sind die Vorteile von kürzeren Wartezeiten an den Kassen, was Shopper glücklich macht, die Reduzierung von Personalkosten und der potenzielle Platzbedarf. Während derzeit etwa 25 Prozent der Shopper Self-Checkout-Kassen in Anspruch nehmen, wird eine weiter wachsende Akzeptanz dieser Technologien erwartet, speziell im Hinblick auf den Fachkräftemangel im Einzelhandel.

Problem Diebstahlprävention

Also alles in Ordnung? Nein! Eine Herausforderung, die mit der Einführung von SB-Kassen einhergeht, ist die Diebstahlprävention. Experten schätzen, dass etwa 60 Prozent der Betrugsfälle an SB-Kassen auf Non-Scans zurückzuführen sind – Artikel, die entweder absichtlich oder aufgrund von Bedienungsproblemen nicht korrekt erfasst werden. Prof. Stephan Rüschen, DHBW Heilbronn, verweist auf einen Anstieg der Verluste, die bis zu zwei Prozent des Umsatzes ausmachen können. Um diesem Problem entgegenzuwirken, setzen Händler zunehmend auf KI-gestützte Überwachungssysteme und moderne Videotechnik, die in der Lage ist, unregelmäßiges Verhalten zu erkennen und in Echtzeit zu analysieren. Verschiedene Einzelhändler, darunter auch die Dirk Rossmann GmbH, testen bereits KI-Systeme, die den Scanning-Prozess optimieren und bei der Identifizierung von Diebstahlversuchen helfen.

Mars Wrigley
Eine Möglichkeit Impulskäufe zu generieren, ist die Platzierung vorgeschalteter Impulsmodule, beispielsweise am Eingang des Selfscanning-Bereichs. Foto: Mars Wrigley

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Wo bleibt der Impulskauf?

Ein ebenso wichtiger Aspekt der Self-Checkout-Kassen ist die Auswirkung auf Impulskäufe, insbesondere in der Kassenzone, traditionell bekannt als die Quengelzone. Denn dort, wo keine Wartezeiten mehr sind oder der Shopper mit dem Scannen der Ware beschäftigt ist, greift er nicht mehr zu Kaugummi, Schokoriegel, Snack und Co. Um die Kaufneigung von Kunden zu fördern, arbeiten Handel, Markenartikelindustrie und Designer gleich an mehreren Strategien.

Strukturierte Produktplatzierung

Eine vielversprechender Ansatz ist die strukturierte Produktplatzierung in unmittelbarer Nähe der Selbstbedienungskassen. Dazu gehört die gezielte Auswahl und Anordnung von Produkten, die sich besonders gut für Impulskäufe eignen. Hierfür bedarf es neuartiger Präsentationssysteme, um margenstarke und saisonal relevante Produkte zielgerichtet in Szene zu setzen. Auch der Handel muss umdenken und die Zone vor der Kasse neu strukturieren beziehungsweise sortieren.

Kundenleitsysteme mit Impuls-Bereich

Manche Retailer nutzen den Einsatz von speziellen Leitsystemen, beispielsweise Shopper durch S-Läufe führen. Hier können Händler Impulsprodukte klar und strukturiert platzieren, bevor Shopper die SB-Kassen erreichen. Wichtig: Diese Bereiche müssen visuell ansprechend gestaltet sein und Wohlfühlambiente verströmen anstatt „du-musst-hier-durch-Gefühl“ zu vermitteln.

Belohnungssysteme nutzen

Mit was beschäftigt sich der Shopper vor beziehungsweise während des Scan-Vorgangs an der SB-Kasse? Idealerweise ist es das Loyalty-Programm des Retailers. Bedeutet, ein systematisches Ansatz, um an der SB-Kasse platzierte Impulsartikel zu bewerben, könnte erfolgreich sein. Die Kombination aus Extrapunkten, Rabatt, Warenverfügbarkeit an der Kasse und Blick in die Retailer-App, kann die Kaufbereitschaft stimulieren. Dies fördert nicht nur die Umsätze, sondern sorgt auch für ein positives Einkaufserlebnis.

Verpackungsinnovation gefordert

Kreative Verpackungslösungen für Impulsprodukte, die schnell konsumiert werden können – wie kleine Portionsgrößen oder „Grab-and-Go“-Verpackungen, erleichtern Shoppern die Kaufentscheidung. Solche innovationsgerechten Packungen entsprechen dem Bedürfnis nach Bequemlichkeit und Schnelligkeit, was besonders in der heutigen, schnelllebigen Zeit von Bedeutung ist.

Self-Checkout-Kassen haben das Potenzial, den Einzelhandel grundlegend zu verändern, indem sie den Kunden ein selbstbestimmtes Einkaufserlebnis bieten. Die Herausforderungen bei der Diebstahlprävention und die Verlustangst in Bezug auf Impulskäufe gilt es jedoch, gezielt anzugehen. Mit kreativen Strategien und dem fortschreitenden Einsatz von KI kann der Einzelhandel nicht nur die Effizienz und Sicherheit seiner SB-Systeme erhöhen, sondern auch das Einkaufserlebnis für die Kunden nachhaltig verbessern und das Umsatzpotenzial der Impulsprodukte optimal ausschöpfen.

Scannen, zahlen und gehen, das ist der gewohnte Ablauf an Self-Checkout-Systemen. Foto: Adobe Stock, EdNurg