Nach einem Einbruch in der Pandemie sind Läden mit Lebensmitteln ohne Verpackung wieder im Kommen. Viele sind zwar von der Idee überzeugt, befürchten aber mehr Aufwand. Wie der Einkauf einfach bleibt – ein Start-up macht es vor.

Pro Kopf fielen 2021 in Deutschland 237 Kilogramm Verpackungsmüll an, teilte das Statistische Bundesamt mit. Daher achten viele Shopper darauf, beim Lebensmittelkauf Einweg-Verpackungen zu meiden. Allerdings scheuen sich einige vor Unverpackt-Angeboten, da sie vermuten, mehr Zeit fürs Abfüllen und Wiegen zu brauchen. Außerdem müssten eigene Behältnisse mitgebracht werden, was spontane Einkäufe erschwert. Diesen Bedenken hat sich das Start-up Prevact angenommen – mit dem Ziel manuelle Dispenser zu verbessern. „Mit unserer Idee, das Abfüllen zu automatisieren, wollen wir das verpackungsarme Einkaufen einer breiteren Bevölkerungsgruppe zugänglich und einfach machen. Davon sollen Konsumenten, Märkte und Umwelt gleichermaßen profitieren“, beschreibt Bastian Steil, Gründer Prevact, die Mission. Wie die Zusammenarbeit mit VKF Renzel zustande kam und welche Lösungen Prevact bisher entwickelt hat, erklärt Steil im Gespräch mit display.

display: Wie möchte Prevact konkret bisherige Unverpackt-Lösungen optimieren?

Bastian Steil: Eine nachhaltige Welt braucht intelligente Technologien, die die effiziente Nutzung von Ressourcen fördern. Um bestehende Systeme zu automatisieren, entwickeln wir innovative Konzepte auf Basis von Internet of Things (IoT) und Industrie 5.0-Elementen. Wir konzipieren verschiedene Unverpackt-Systeme für diverse Produkte, die Einweg-Transportverpackungen durch Mehrwegverpackungen ersetzen.

display: Inzwischen arbeiten Sie mit VKF Renzel zusammen. Wie kam es dazu?

Bastian Steil: Ein gemeinsamer Kontakt brachte uns mit Heinz Renzel zusammen. Er erkannte das Potential unserer Vision und hat sich dazu entschieden, sich am Start-up zu beteiligen. Seither unterstützt VKF Renzel die Bereiche Entwicklung, Produktion und Vertrieb.

Aktuelle und neue Variante:  Den Vidar-Dispenser gibt es seit Kurzem auch mit einer Adapterlösung. Hier zum Beispiel mit einem neuen Container aus PET. Foto: Prevact

display: Welche POS-Lösung wurde bisher eingeführt und wie funktioniert diese?

Bastian Steil: Der Vidar-Dispenser ist unsere erste Lösung. Nutzer können ihre Behältnisse im Abfüllbereich platzieren und sich über einen Drehknopf die gewünschte, individuelle Menge ausgeben lassen. Die eingebaute Wiegeregelung funktioniert ohne zusätzliches Zwischenwiegen. Dadurch können Shopper eigene Produktmischungen über mehrere Dispenser hinweg erstellen, beispielsweise für Müsli. Die abgefüllten Produkte kommen minimal mit Mensch und Luft in Kontakt, was die Qualität der Lebensmittel gewährleistet. Darüber hinaus verhindern Sicherheitsmechanismen die Ausgabe, falls kein Behältnis erkannt wird und stoppen den Abfüllvorgang, sollte das Behältnis währenddessen entfernt werden.

display: Für welche Produkte eignen sich die Dispenser?

Bastian Steil: Die POS-Lösung kann diverse Trockenprodukte wie Müsli, Linsen und Reis ausgeben. Auch Süßigkeiten und Snacks wie beispielsweise Nüsse, Smarties und Kaugummi-Dragees eignen sich. Darüber hinaus sind Gewürze und Tierfutter denkbar.

display: Wie erkennt der Dispenser die Ware?

Bastian Steil: Der Vidar-Dispenser ist ein smartes Gerät, das sich in vorhandene Netzwerke integrieren lässt. Ein Dashboard ermöglicht es, diverse Daten des Dispensers zu betrachten und zu verwenden. Dort können zudem Informationen zu den Produkten hinterlegt werden. Wird ein Mehrwegcontainer eingesetzt, kann das im Dashbaord hinterlegte Produkt ausgewählt werden. Diese Eingabe kann auch manuell erfolgen, falls das Dashboard nicht aktiv ist. Alternativ kann ein mit Daten versehener Mehrwegbehälter eingesetzt werden. Der Dispenser erkennt dann das Produkt über RFID. Anschließend zeigt das Display Informationen zum Produkt wie Bezeichnung, Mindesthaltbarkeitsdatum und Preis an.

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display: Welches Kreislaufkonzept steckt ­dahinter?

Bastian Steil: Um die Menge der Einwegverpackungen vom Hersteller bis zum Endverbraucher zu minimieren, sind zwei Kreisläufe nötig. Der Mehrwegcontainer soll sich in einem Kreislauf zwischen Hersteller und dem LEH bewegen. Der zweite Kreislauf ergibt sich daraus, dass Shopper die Produkte in jedes beliebige Behältnis abfüllen – ob Mehrwegbox oder selbt mitgebrachte Box. Wir stellen mit unserem Dispenser die Schnittstelle zwischen diesen Kreisläufen her und schaffen eine ganzheitliche Lösung.

display: Wie kann man bezahlen?

Bastian Steil: Der Dispenser soll sich für den Einsatz in diversen Umgebungen wie in der Gastronomie, in Fitnessstudios oder Cafés eignen. Klassischerweise gibt der Vidar-Dispenser ein Label aus, das von der Kasse gescannt und abgerechnet werden kann. Um den Abfüll- und Bezahlvorgang auch ohne Personal abzuwickeln, kann alternativ direkt am Dispenser bezahlt werden – beispielsweise per QR Code und Paypal oder Kartenzahlung.

display: Wie profitiert die Umwelt davon?

Bastian Steil: Zum einen erzeugt der Betreiber mit den Dispensern weniger Verpackungsmüll. Zum anderen reduziert die POS-Lösung Lebensmittelverschwendung, indem der Shopper individuelle Menge vorab wählen kann – im Gegensatz zu anderen Anbietern. Zusätzlich wird ein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft geleistet, sodass ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell aufgebaut wird.

display: Ist der Dispenser bereits im Einsatz?

Bastian Steil: Bislang haben wir unseren Dispenser auf mehreren Messen vorgestellt. Ebenso planen wir aktuell erste Pilotprojekte des Dispenser-Systems, die in bestehende Ladenumgebungen integriert werden.

display: Wie kommt die POS-Lösung bisher an?

Bastian Steil: Das Feedback ist grundlegend positiv und stößt auf großes Interesse. Derzeit arbeiten wir am Ausbau der smarten Features der Vidar-Dispenser, wie beispielsweise flexible Preis- und Rabattgestaltungen. Außerdem planen wir Lösungen für die Abfüllung von Flüssigkeiten und Pulver oder für andere Non-Food-Produkte wie Drogerieartikel oder beispielsweise Schrauben.

display: Vielen Dank für das Gespräch. 

Shopper können sich an den Dispensern individuelle Mengen, ohne zusätzliches Zwischenwiegen, abfüllen und dabei komplett auf Einweg­verpackungen ver­zichten. Foto: Prevact

Gewusst?

Der Name „Prevact“ ist ein Akronym für Preventive Action und spiegelt das Bestreben des Start-ups wider, präventive Lösungen zu entwickeln, um gegen die Verschwendung von Ressourcen vorzugehen.