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Von der Verkaufsfläche zur POS-Bühne
Storekonzepte der Zukunft
Der Lockdown in den letzten Monaten hat den gesamten stationären Handel hart getroffen. Folglich sind Themen rund um den Ladenbau in den Hintergrund geraten. display wagt dennoch den Blick in die Zukunft. Welche Trends werden nach der Pandemie die Branche prägen und welche Konzepte sind gefragt?
Der stationäre POS muss schneller, emotionaler und überraschender werden. Er sollte Gastgeber und Entertainer zugleich sein, um Shoppern ein einzigartiges Einkaufserlebnis zu bieten“, fordert Bernhard Heiden, Creative Director Interstore/Schweitzer. Einen maßgeblichen Beitrag dafür leistet der Ladenbau. Schafft das Interieur eine Atmosphäre, in der sich Shopper wohlfühlen, steigt zum einen die Kauflaune. Zum anderen erhöhen sich Verweildauer und Involvement, die heutzutage als wichtige KPIs Aufschluss über den Erfolg von Verkaufsflächen geben. Welche neuen Konzepte und Lösungen dafür gefragt sind, konnten sich Fachbesucher auf der Euroshop im Februar 2020 anschauen. Jedoch konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen, wie das Jahr verlaufen wird. Im November trat der zweite Lockdown in Kraft, der zur Schließung aller Läden, ausgenommen Drogerien, Apotheken und LEH, führte. Händler stehen enorm unter Druck – die Pandemie verschärft die zum Teil bereits schwierige Lage. Viele fürchten um ihre Existenz. Vor diesem Hintergrund haben Ladenbautrends und die Themen der Euroshop 2020 derzeit keine Priorität. Trotzdem hat sich das display-Team dazu entschieden, darüber zu berichten. Denn eines Tages wird die Pandemie vorbei oder zumindest eingedämmt sein. Wie wird sich die aktuelle Situation auf die Zukunft des stationären Handels auswirken? Welche Bedürfnisse haben die Shopper von morgen? Welche Erfolgsfaktoren sind entscheidend für künftige Ladenbaukonzepte? Diesen Fragen gehen Experten aus dem Ladenbau und aus dem Handel nach.
Auf allen Kanälen
Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung im Einzelhandel beschleunigt, die bereits seit Jahren die Branche beschäftigt. „Es sind weiterhin Lösungen gefragt, die online und offline miteinander verbinden“, versichert Christoph Hafemeister, Leiter Vertrieb & Marketing OBV storedesign. Ladenbauspezialisten stehen vor der Aufgabe, digitale Elemente auf der Verkaufsfläche einzubeziehen. Denn durch Online-Shops und Smartphones sind es Shopper gewohnt, sich über verschiedene Kanäle zu informieren und einzukaufen. Um auf dieses Einkaufsverhalten zu reagieren, werden sich Händler auch nach der Pandemie mit Multichannel-Strategien befassen. Davon ist Jürgen Frank, Geschäftsbereichsleiter Shop Solutions und Leiter Marketing Wanzl, überzeugt: „Funktionierende Ladenkonzepte richten sich an der Customer Journey der Shopper aus. Der Handel mit all seinen Funktionen fängt bei der Informationssuche auf dem Sofa an und führt bis zum Kaufabschluss.“ .
„Nachhaltigkeit ist ein Megatrend unserer Gesellschaft und wirkt sich unmittelbar auf den Ladenbau aus. Immer mehr Endverbraucher legen großen Wert auf nachhaltiges Einkaufen – sowohl bei den Waren als auch bei der Einkaufsstätte.“
Jürgen Frank, Geschäftsbereichsleiter Shop Solutions und Leiter Marketing Wanzl
Ein Beispiel für den konsequenten Einsatz digitaler Lösungen im stationären Handel liefert Wanzl mit dem 24/7-Ausgabeautomat von Wanzl. Das Konzept wurde auf der Euroshop 2020 präsentiert und kommt erstmals im neu eröffneten Combi City Markt von Bünting in Oldenburg zum Einsatz. Dort übernimmt der Automat die Rund-um-die-Uhr-Versorgung mit Produkten des täglichen Bedarfs. Insgesamt bietet der Automat 500 Artikel aus dem Food-Sortiment, der Obst-und Gemüseabteilung, dem Getränkeangebot sowie der Drogerie. Über ein Kassen- und Bestellterminal mit übersichtlichem Touch Screen wählt der Käufer seine Produkte aus, die währenddessen vollautomatisch kommissioniert und nach Abschluss des Einkaufs direkt ausgegeben werden. Getreu dem Motto „Alles, überall, zu jeder Zeit“ trägt dieses Projekt den aktuellen Einkaufsgewohnheiten Rechnung.
Nachhaltige Konzepte
Umweltschutz ist mittlerweile ein kritischer Faktor in der Kaufentscheidung und hat in den letzten Jahren nicht zuletzt durch die Bewegung Fridays for Future an Bedeutung gewonnen. Viele Shopper hinterfragen ihr Konsumverhalten und haben den Wunsch, einen Beitrag zu einer besseren Zukunft zu leisten. „Nachhaltigkeit ist ein Megatrend unserer Gesellschaft und wirkt sich unmittelbar auf den Ladenbau aus. Immer mehr Endverbraucher legen großen Wert auf nachhaltiges Einkaufen – sowohl bei den Waren als auch bei der Einkaufsstätte“, bestätigt Frank. Der Handel reagiert auf diese Entwicklung und setzt auf ressourcenschonende Konzepte, weiß Frank: „Dies zeigt sich unmittelbar in der gestiegenen Nachfrage nach Unverpackt-Lösungen im Lebensmitteleinzelhandel, an Möbeln aus Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung oder beim Einsatz von Produkten aus recycelten Materialien.“ Darüber hinaus bietet der Ladenbau weiteren Spielraum für nachhaltiges Wirtschaften. Als Beispiele nennt Frank die Energieeffizienz für Beleuchtung und Kühlsysteme oder den Einsatz von langlebigen, qualitativ hochwertigen Ladenbaulösungen.
„Großflächen müssen flexibel sein und sich verändern können – ohne große Investitionen zu tätigen. Flexible Systeme erlauben es, schnell auf Kundenbedürfnisse zu reagieren und den POS für den Shopper spannend zu halten.“
Bernhard Heiden, Creative Director Interstore/Schweitzer
„Der POS muss heute mehr bieten als eine reine Verkaufsfläche. Shopper besuchen einen Laden nicht aufgrund des Produktangebots, sie suchen nach Unterhaltung, Services und Erlebnissen.“
Claudia Horbert, Leiterin Forschungsbereich Ladenplanung und Einrichtung EHI
Emotionales Erlebnisshopping
Der entscheidende Vorteil des stationären Handels ist die emotionale Ansprache des Shoppers. Ein einmaliges Einkaufserlebnis zu schaffen ist daher nach wie vor die zentrale Herausforderung des Ladenbaus, darin sind sich die Experten einig. „Gerade bei aller technologischer Vernetzung bleibt das Bedürfnis nach sozialem Austausch, besonderen Erlebnissen. Dem Gestaltungsprozess schalten wird deshalb unsere sogenannte Design Strategy vor, in der wir die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden und Mitarbeiter analysieren und kokreativ Lösungen erarbeiten“, betont Angela Kreutz, Unternehmenssprecherin blocher partners. Dementsprechend steigen die Ansprüche der Shopper. „Händler müssen Anreize geben, einen Laden zu besuchen. Denn der POS muss heute mehr bieten als eine reine Verkaufsfläche. Shopper besuchen einen Laden nicht aufgrund des Produktangebots, sie suchen nach Unterhaltung, Services und Erlebnis“, unterstreicht Claudia Horbert, Leiterin Forschungsbereich Ladenplanung und Einrichtung EHI. Diese Meinung teilt auch Christoph Hafemeister, Leiter Vertrieb & Marketing OBV storedesign: „Das Einkaufen dient heute nicht mehr ausschließlich der Beschaffung, sondern ist vielmehr eine Freizeitbeschäftigung.“ Dieser Trend führt dazu, dass Gastronomie und Entertainment im Handel noch stärker zusammenwachsen. „Dadurch wird der POS zu einem sozialen Treffpunkt“, fügt Hafemeister hinzu.
Flexible Flächen
Die Globalisierung und die Informationsflut im Internet tragen dazu bei, dass sich Trends immer schneller verbreiten und damit auch kurzlebiger sind. „Denn die Welt, in der wir leben, ist wunderbar vielfältig und dynamisch. Veränderungen geschehen immer häufiger und schneller“, meint Kreutz. Im Einzelhandel spiegelt sich dieser Wandel im Einkaufsverhalten der Shopper wider. Sie sind es gewohnt, sich im Netz über die neuesten Trends und Produkte zu informieren. Um damit Schritt halten zu können und weiterhin relevant zu bleiben, ist der Ladenbau gefordert. Es geht darum, diese Dynamik auch am POS bieten zu können. „Die Antwort darauf lautet Flexibilität und Agilität“, ist sich Kreutz sicher. Dieser Meinung ist auch Bernhard Heiden, Creative Director, Interstore/Schweitzer: „Großflächen müssen flexibel sein und sich verändern können – ohne große Investitionen zu tätigen. Flexible Systeme erlauben es, schnell auf Kundenbedürfnisse zu reagieren und den POS spannend für den Shopper zu halten.“ Im Rahmen von Ladenbau-Projekten müssen POS-Verantwortliche dafür Voraussetzungen schaffen. „Um den Endkonsumenten kontinuierliche Überraschungseffekte zu bieten, sollte sowohl im Store Design als auch im Ladenbau mehr Fläche eingeplant und in die Storelayouts integriert werden. Diese kleinen und überschaubaren Flächen können, gut positioniert, mit saisonalen Aktionen und Events bespielt werden“, erklärt Heiden.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch die Innenarchitekten von blocher partners. „Anstelle herkömmlicher Warenpräsentation, die sich großflächig über die einzelnen Etagen erstreckt, werden häufig viele kleine Marken- oder Themenwelten geschaffen, die teilweise an Pop-Ups erinnern. Auf diese Weise kann mit wenig Aufwand viel bewirkt werden, schnell auf neue Trends reagiert werden, dem Kunden durch einfache Eingriffe in den Ladenbau ein völlig neues Erscheinungsbild geboten werden“, beschreibt Kreutz und fügt hinzu: „Nicht zuletzt ermöglichen es flexible Ladenbausysteme, individueller auf einzelne Produkte einzugehen, ihre Inszenierung noch ansprechender zu gestalten.“
Wandelbares Ladenlayout
BabyOne: Mehr Flexibilität auf der Fläche, mehr Fokus auf die Ware sowie einzelne Produktwelten.
Wie solche Konzepte in der Praxis aussehen können, zeigt derzeit Babyone. Die Fachmarktkette hat zunächst in den Märkten in Mönchengladbach und Waiblingen ein neues Ladenlayout eingeführt. „Mit dem neuen Shopkonzept möchten wir das Einkaufserlebnis flexibel und schnell an Veränderungen des Marktes und veränderte Kundenbedürfnisse anpassen. Kurzfristige Sortimentsänderungen oder Aktionen zu neuen Produkten am Markt können mit dem neuen Ladenbau schnell umgesetzt werden, da der Auf-, Um- und Abbau der Warenträger, der Beleuchtung und des Mobiliars nun deutlich einfacher ist“, beschreibt Dr. Anna Weber, Geschäftsführerin BabyOne die Ziele. Zudem legt das neue Ladenbau-Design einen deutlichen Fokus auf das Produkt. Der neue Look zeichnet sich durch eine klare Formensprache aus und ist sehr viel filigraner und leichter in der Optik. Das hilft auch dem Kunden, denn Sortimente, Themen oder besondere Aktionen können nun klarer dargestellt werden und man findet sich leicht zurecht. „Auch das Thema Inspiration können wir mit dem neuen Design sehr gut umsetzen, denn wir haben auch einzelne Sortimentsbereiche im Markt neu positioniert. Themenwelten wie zum Beispiel „Wohnen“ können wir nun umfassend und authentisch darstellen und unseren Kunden damit viele Ideen liefern“, sagt Weber abschließend.
„POS-Lösungen sollten den Fokus auf die ausgestellte Ware richten und diese optimal präsentieren, ohne das Verkaufsmöbel zu sehr in den Vordergrund zu stellen.“
Joachim Ostendorf, Geschäftsführer VKF Renzel
„Neben der Möglichkeit, die Warenpräsentation im Markt schneller und einfacher zu verändern, legt das neue Ladenbau-Design einen deutlichen Fokus auf das Produkt.“
Dr. Anna Weber, Geschäftsführerin BabyOne
Um die Warenverfügbarkeit am POS zu demonstrieren und Shopper zum Testen einzuladen, kommt der Inszenierung eine große Bedeutung zu. Entsprechend zurückhaltend zeigt sich die Ladenausstattung: „POS-Lösungen sollten den Fokus auf die ausgestellte Ware richten und diese optimal präsentieren, ohne das Verkaufsmöbel zu sehr in den Vordergrund zu stellen“, rät Joachim Ostendorf, Geschäftsführer VKF Renzel. Dieser Trend zur hochwertigen Warenpräsentation zeigt sich derzeit besonders im LEH. Hier stellen Händler häufig einen Bezug zum Standort her, der sich im Design widerspiegelt. Außerdem vermitteln Weinabteilungen das Ambiente eines Weinkellers, Obst- und Gemüseabteilungen präsentieren sich im Look eines Wochenmarkts. „Im Frischebereich gilt: Um das Handwerk, die Herkunft, Qualität und Regionalität hervorzuheben, setzen viele auf aktives Finishing vor den Augen der Shopper“, weiß Uwe Dörner, Vertriebsleiter LEH Kramer Ladenbau. „Bedienung und Selbstbedienung (SB)werden am POS immer mehr verschmelzen. Die Frischethekenfamilie Kyla von Kramer ist ein Beispiel für ein flexibles Zusammenspiel zwischen Bedienung und SB. Situativ lassen sich die verschiedenen Bereiche in ihrer Form und Funktion verändern, um der aktuell geforderten Präsentationsform gerecht zu werden.“
Insgesamt zeigen sich Märkte mit hochwertigem Ambiente, um für Wohlfühlatmosphäre zu sorgen. Viele Verkaufsorte stechen durch ein besonderes Interieur hervor, das je nach Marke und Produkt eine bestimmte Stimmung erzeugt. „Als Trends haben sich vor allem die Kombination aus Urban, Industrial und Nature herauskristallisiert“, verrät Hafemeister.
„Bedienung und Selbstbedienung werden am POS immer mehr verschmelzen. Die Frischethekenfamilie Kyla von Kramer ist ein Beispiel für das flexible Zusammenspiel zwischen beiden Präsentationsformen.“
Uwe Dörner, Vertriebsleiter LEH Kramer Ladenbau
„Da in Zukunft immer ganzheitliche Konzepte gefragt sind, erweitern sich die Kompetenzen von Ladenbauern – vor allem in den Bereichen Marketing, Webdesign, Online-Store und Digitalisierung.“
Christoph Hafemeister, Leiter Vertrieb & Marketing OBV storedesign
Ladenbauer als ganzheitlicher Partner
Zusammenfassend haben alle vorgestellten Faktoren dazu geführt, dass die Erwartungen an den POS steigen. Daraus folgt, dass Ladenbauer Projekte als ganzheitliche Partner begleiten, bestätigt Schemberg: „Gemeinsam mit dem Kunden erarbeiten wir den Prozess von der Analyse und Planung bis hin zur Montage und Fertigstellung des Shopkonzepts: Denn es geht immer um den Kunden und darum, seine Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen. Es ist immer unser Ziel, Erlebniskonzepte zu schaffen, die den Kunden begeistern und überraschen. Wichtig ist dabei, dass das Erlebnis zur Marke und zum Händler passen muss. Nur so schafft man Authentizität. Mit Erlebniskonzepten, die begeistern, überraschen und authentisch sind, kann man als Einzelhändler gegen den Online-Handel gewinnen.“
Um all diese Ziele zu erreichen, kommen neue Zuständigkeitsbereiche auf Ladenbauer zu. Mit anderen Worten: Projekte werden umfassender. „Da in Zukunft immer ganzheitliche Konzepte gefragt sind, erweitern sich die Kompetenzen von Ladenbauern entsprechend – vor allem in den Bereichen Marketing, Webdesign, Online-Store und Digitalisierung“, bestätigt Hafemeister. Auch die Integration von digitalen Elementen sowie die veränderten Einkaufsgewohnheiten verlangen nach einem Umdenken: „Die wichtigsten Kompetenzen sind neben den Basis-Skills bei der Soft- und Hardwareentwicklung vor allem die Identifizierung von Customer-Needs und die Kreativität, dafür passende und umsetzbare Shop-Formate zu entwickeln. Also, auf welche Weise erfüllt man im stationären Handel Kundenwünsche wie die sofortige Warenverfügbarkeit, Shoppen rund um die Uhr oder noch schnelleres und einfacheres Einkaufen?“, fasst Frank zusammen. <
„Mit Erlebniskonzepten, die begeistern, überraschen und authentisch sind, kann man als Einzelhändler gegen den Online-Handel gewinnen.“
Carsten Schemberg, Geschäftsführer Schemberg