Aus Baumwollstaub wird Papier

Die Herstellung von Textilien verbraucht erhebliche Ressourcen. Sie verschmutzt das Wasser und sorgt zudem für hohe CO2-Emissionen: Immer mehr Konsumenten sind sich der Ökobilanz bei der Herstellung von Textilien bewusst und achten beim Kauf von Kleidung auf ihren ökologischen Fußabdruck. Ob durch den Druck der Konsumenten, der Politik – wie von der EU-Kommission mit ihrem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft – oder aus eigener Erkenntnis: Die Entwicklung hin zu einer Circular Economy zeigt bei den Textilunternehmen Wirkung. Es hat ein Umdenken hin zu nachhaltigem Wirtschaften eingesetzt. Händler und Hersteller, die es heutzutage schaffen, die Erwartungen ihrer Kunden an Nachhaltigkeit zu erfüllen, können sich am POS stark differenzieren und zusätzliche Verkäufe generieren. Dieses Vorhaben kann mit neuen Kollektionen aus recycelten Kleidern gelingen oder mit Services wie beispielsweise Altkleidertonnen in den Stores, um getragene Blusen, Jeans und weitere Kleidungsstücke dem Recycling zuzuführen.

„Die Wiederverwertung von Textilien ist eine gut geölte Maschine, die bemerkenswerte Recycling-Quoten erzielt. An einer Stelle des Reycling-Kreislaufs gab es bisher noch eine Lücke. Die haben wir jetzt geschlossen”, erklärt Frank Engel, Geschäftsführer Engel Karton + Papier. In Zusammenarbeit mit Partnern hat das Unternehmen ein neues Produkt entwickelt, dessen Einsatz Textilfirmen ein weiteres Differenzierungsmerkmal für ihre nachhaltig orientierte Kundschaft bietet – ein zum großen Teil aus Baumwollstaub bestehendes hochwertiges Papier für den Einsatz in Form von Tragetaschen.

Vor knapp 1,5 Jahren berichtete ein Unternehmen aus dem Textil-Recycling Engel von Entsorgungsproblemen mit Baumwollstaub und fragte, ob es möglich sei, aus dem Staub ein Papier herzustellen. Der Hintergrund: Kleidung, die nicht mehr wiederverwertet werden kann, wird zerrissen und unter anderem zu Dämmstoff oder Malervlies verarbeitet. Der dabei in Massen anfallende Baumwollstaub musste bis dato thermisch entsorgt werden. Die Upcyling-Idee, aus dem Staub Papier zu machen und damit eine Lücke im RecyclingKreislauf zu schließen, hat Engel begeistert: „Ich dachte mir sofort: Das bekommen wir hin!”

Nach langen Recherchen, Tests und umfangreichen Investitionen in das Projekt konnte Engel Karton ein marktreifes nachhaltiges Papier entwickeln und erste Produktionen fahren. Cyclotexx besteht zu 100 Prozent aus Recyclingfasern, je knapp die Hälfte davon entfällt auf Fasern aus Baumwollstaub und aus Recycling-Papierfasern. Dadurch qualifizierte sich Cyclotexx auf Anhieb für das FSC Recycled Credit Zertifikat, eines der wichtigsten Gütesiegel für nachhaltiges Papier. „Ein besonderer Meilenstein für uns: Mit allem unter 100 Prozent wären wir unzufrieden gewesen. Da hätten wir das Projekt lieber aufgegeben,“ betont Engel.

Das Papier hat eine spezielle Haptik, es fühlt sich sehr weich an und ist auch sehr reißfest. Bislang wird Cyclotexx in 90 Gramm und 120 Gramm pro Quadratmeter produziert, auch bis zu 350 Gramm ist möglich. Es hat aufgrund seines hohen Anteils an Baumwollfasern aus Jeans eine bläulich-graue Farbe, schwarz und braun gefärbtes Material wurde auch schon gefertigt. Ein weiterer Vorteil: Das Papier schafft nicht nur Abhilfe für das Entsorgungsproblem von Baumwollstaub, sondern es kann auch beliebig oft recycelt werden.

Bisher plant Engel Karton + Papier, Cyclotexx im Bereich Tragetaschen und Tüten zu verwenden, um bestehende Standardprodukte aus Primärfaser oder Plastik zu ersetzen. Die Idee dahinter: Die Textilfirmen und die Konsumenten entsorgen Altkleidung, Engel fertigt aus dem Staub der Textilien, die nicht mehr verwertet werden können und zerrissen werden ein stabiles und reißfestes Papier, stellt daraus Tragetaschen und Tüten her und gibt diese zurück in den Wirtschaftskreislauf. Weitere Produkte sind mit Cyclotexx möglich, wie Versandbeutel, Tags für den Handel, klassische Faltschachteln aus Karton (beispielsweise für Schuhkartons) oder kaschierte Wellpappe.